Folge 6: Die väterliche Beteiligung in der Corona-Krise, Interview mit Prof. Dr. Michaela Kreyenfeld

Demografie und Gesellschaft im Fokus: Die väterliche Beteiligung in der Corona-Krise, Interview mit Prof. Dr. Michaela Kreyenfeld

Willkommen bei einer neuen Folge des Podcasts der Deutschen Gesellschaft für Demographie. Heute befinden wir uns im Gespräch mit Prof. Dr. Michaela Kreyenfeld1. Sie spricht in diesem Beitrag über die Auswirkung der Coronakrise auf die familiäre Beteiligung der Väter in Deutschland. Frau Kreyenfeld ist Professorin für Soziologie an der Hertie School in Berlin und Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Demographie. Schwerpunkte ihrer Forschung sind Familiensoziologie und -demographie, sowie die Lebenslaufforschung.
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Hallo, ich begrüße Sie recht herzlich zu unserem Interview heute, und ich möchte auch gleich mal mit der ersten Frage starten: Es geht um die Organisation der Familie. Wie hat sich denn vor der Pandemie das Familienleben gestaltet?

Ich glaube, ganz wichtig ist, auch in der aktuellen Situation, sich nochmal vor Augen zu führen, dass natürlich auch schon vor der Pandemie alles sehr „traditionell“ verlaufen ist. Also 70% der Sorgearbeit von Leuten, die zusammen mit ihren Kindern in einem Haushalt gelebt haben, hat die Mutter die Hauptlast der Arbeit geleistet. Aber man muss sehen, dass sich einiges dennoch in den letzten Jahren verändert hat. Das heißt, wenn man 10 Jahre nochmal zurückblickt, war nochmal ungleicher, was die Aufteilung der Sorgearbeit betrifft. Das sind zwei wichtige familienpolitische Entwicklungen.  Einmal das Elterngeld, das 2007 eingeführt worden ist und der Ausbau der Kinderbetreuung, der seit 2005 vorangetrieben worden ist, die eigentlich dazu geführt haben, dass die Aufteilung der Sorgearbeit gleicher geworden ist. Man kann auf der einen Seite sagen, Frauen haben auch schon vor der Pandemie die Hauptlast getragen, nämlich 70 %, man kann aber auch sagen, immerhin sind es mittlerweile 30% der Betreuungsleistung, die von Vätern erbracht werden.

Also betonen Sie, dass es eben nicht nur die Frauen sind, die die Last tragen, was wir auch in unserem letzten Podcast gehört haben, sondern, dass sich eben auch durch verschiedenste Reformen, eigentlich ja auch in recht kurzer Zeit, der Anteil der Männer am Haushalt geändert hat. Ich meine, das sieht man ja selbst schon innerhalb einer Generation – Elterngeneration, Großelterngeneration –  da sieht man ja auch schon eine deutliche Veränderung des Engagements der Väter.

Genau. Das würde ich auf jeden Fall unterstreichen. Ich würde sogar so weit gehen und sagen, man hat vielleicht ein bisschen zu viel nur über die Mütter geredet, während der Corona-Krise. Klar, die Hauptlast liegt und lag schon vorher bei den Müttern, aber man hat kaum über Väter geredet und was Väter in der Corona-Krise gemacht haben. Ich denke, das ist ein Manko, weil durchaus auch Väter ihren Beitrag geleistet haben während der Corona-Krise, die immerhin jetzt schon mehr als ein Jahr andauert. Da wurde ja diese Retraditionalisierungs-Hypothese ziemlich schnell in den Raum gestellt, noch bevor es überhaupt irgendwelche empirischen Daten gab, muss man dazu sagen. Diese Hypothese besagt, dass wir durch die Corona-Krise nochmal einen Rückschritt erfahren haben und dass die Rollenaufteilung in der Partnerschaft nochmal traditioneller geworden ist, als es vor der Krise der Fall gewesen ist.  Also, dass den Frauen alles wieder auf die Füße gefallen ist. Das ist die Hypothese, die durch die Medien gegangen ist und auch immer noch geht. Aber mittlerweile haben wir relativ belastbare Zahlen zur Aufteilung der Sorgearbeit während Corona und keine der großangelegten Befragungsdatensätze hat diese Retraditionalisierungs-Hypothese bestätigt. Alles was wir auf Basis der belastbaren Zahlen wissen, ist, dass sich, wenn überhaupt, es sich eher zu einer etwas gleicheren Verteilung verschoben hat, sich aber im Prinzip im Schnitt eigentlich nichts geändert hat. Und das finde ich so erstaunlich. Wir haben ganz klar belastbare Zahlen aus vielen verschiedenen Studien mittlerweile, aber in den Medien hält sich diese Retraditionalisierungs-These.

Wie kann man sich das denn eigentlich erklären? Natürlich ist es klar, dass es an verschiedenen Faktoren liegt, wie das jetzt im Haushalt alles neu aufgeteilt wird, schon allein durch Homeoffice, durch Kurzarbeit. Da könnte man ja auch an die Frauen denken, die teilweise gar nicht in Kurzarbeit oder zu Hause bleiben können, weil sie beispielsweise in systemrelevanten Berufen sind. Vielleicht denkt man da sogar eher an Frauen als an Männern, dass die vielleicht weiterhin zu Arbeit gegangen sind während der Bankangestellt zu Hause nun auf seine Kinder anpasst. Was meinen Sie, wie kommt dieses Bild in die Medien?

Genau. Ich glaube, das ist der Punkt, dass wir ein bestimmtes Familienbild im Kopf haben und dann immer als erstes an eine bestimmte Frau oder Mutter denken, die alles aufgibt, nur um für die Kinder während Corona da zu sein und den Vater, der die Hauptlast trägt, in dem Sinne, dass er Einkommen heranbringen muss und es deswegen nur in dieser Ungleichheit weitergeht. Aber letztendlich kommt es auf die Partnerkonstellation an. Vielleicht ist die Frau in einem systemrelevanten Beruf und der Vater auf Kurzarbeit und dann läuft es umgekehrt. Und das ist ganz wichtig: das ist eine neue Generation, die hier Kinder bekommen hat. Diejenigen, die jetzt Kinder unter 12 haben, die haben Kinder nach den großen familienpolitischen Reformen bekommen. Das sind teilweise Männer, die Elternzeit genommen haben mit ihren Kindern. Das sind diese bekannten „Daddy-Month“ – die Vätermonate, die so in den Medien damals diskutiert worden sind. Das ist schon eine neue Generation von der wir hier reden. Der zweite Punkt, der hier wichtig ist, dass es je auf die Partnerschaftskonstellation ankommt. Es ist nicht einfach so, dass der Mann in die Bresche springen muss, weil er das Einkommen nach Hause bringt, sondern es kommt darauf an, wenn der Mann jetzt von Kurzarbeit betroffen ist, dann hat er erst einmal Zeit. Das ist eine bezahlte Freistellung. Wenn die Frau in einem systemrelevanten Beruf arbeitet, dann ist es doch sehr gut möglich, dass eben die Frau dann weniger Zeit mit den Kindern verbringt, aber der Mann einspringt. Andererseits wissen wir auch, gerade in Westdeutschland, dass viele Frauen, gerade wenn sie kleine Kinder haben, nur marginal erwerbstätig sind. Die haben möglicherweise ihren Job verloren während der Corona-Krise. Da kann es sein, dass die Frauen ihre Betreuungsleistung währen der Corona-Krise nochmal hochgefahren haben. Da ist eigentlich auch das, was die bisherigen Studien zeigen: im Schnitt hat sich nichts verändert, aber es gibt eine sehr große Heterogenität; bei einigen Paaren ist es ungleicher geworden, da hat die Corona-Krise nochmal zu einer Verschiebung beigetragen und die Männer machen weniger als vorher. In anderen Partnerkonstellationen hat es dazu geführt, dass Väter plötzlich mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen, als vorher. Also ich denke gerade hier ist es wichtig, sich ganz genau anzugucken, über wen wir hier reden.

Da sind wir ja auch schon bei ihrer aktuellen Publikation über die wir eigentlich heute im Hauptteil sprechen wollen. Die haben Sie zusammen mit Professorin Sabine Zinn2 verfasst. Was haben Sie genau untersucht?

Genau, mit Sabine Zinn vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung haben wir die Daten des Sozioökonomischen Panels (SOEP)3 verwendet, das ist eine Längsschnitterhebung in Deutschland, die schon seit vielen Jahren stattfindet. Auch 2019 kurz vor der Corona-Krise fand sie statt und dann sind die Personen, die für diese Studie zuständig sind, relativ schnell ins Feld gegangen. Während des ersten Lockdowns haben sie dieselben Personen, die sie 2019 befragt haben, nochmal befragt, wie viel Zeit sie ganz konkret mit ihren Kindern verbringen. Das war die Variable, auf die wir uns gestützt haben. Dadurch, dass wir eine Messung vor der Corona-Krise hatten und während des Lockdowns, konnten wir dann auf der individuellen Ebene untersuchen, wie der Lockdown die Zeitverwendung von Vätern und Müttern von kleinen Kindern unter 12 Jahren beeinflusst hat. Da haben wir gesehen, dass Corona, gerade in der Zeit des ersten Lockdowns, also letztes Jahr – März, April, Anfang Mai – waren natürlich diese Eltern extrem belastet durch die zusätzliche Zeit, die sie für ihre Kinder aufwenden mussten. Aber was wir aber sehen können ist, dass der absolute Anstieg an Zeitverwendung für Kinderbetreuung für Mütter und Väter etwa gleich ist. Für Väter ist er relativ größer, was logisch ist: sie fangen ja bei einem niedrigeren Niveau an. Deswegen ist die Steigerungsrate für Väter nochmal höher als für Mütter. Aber absolut, haben beide mehr Zeit mit den Kindern verbracht. Wir haben uns auch angeguckt, welche Väter sind es denn die jetzt hier ihre Zeit ausgedehnt haben? Wir hatten damals auch Analysen zum Elterngeld gemacht, als das eingeführt worden ist. Da hat man gesehen, dass es vor allem die hochqualifizierten Väter sind, die den neuen Freiraum nutzen. Da haben wir überlegt, dass es jetzt vielleicht wieder die Hochqualifizierten sind. Sie sind ja die, die auch am häufigsten angeben, besonders aufgeschlossen zu sein, was das Engagement mit ihren Kindern betrifft. Aber das haben wir eben nicht gesehen. Wir haben gesehen, es waren eben nicht die hochqualifizierten Väter, sondern es waren eher die mit mittlerem Bildungsabschuss, die hier nochmal zugelegt haben. Die, die in der Krise die Höherqualifzierten, nicht überholt haben, aber dass jetzt durch die Krise andere Gruppen sich plötzlich stärker um ihre Kinder gekümmert haben, als es vorher der Fall war. Da haben wir überlegt, woran liegt es, dass nicht die Hochqualifizierten die Vorreiter sind und, dass das möglicherweise an der Art und Weise liegt, wie diese Corona-Krise auch den Arbeitsmarkt beeinflusst hat. Dass in Deutschland, im Unterschied zu vielen anderen Ländern, die Kurzarbeit hier eine ganz große Rolle gespielt hat, gerade in dieser ersten Phase. Fast 20% der Erwerbstätigen sind in Kurzarbeit gewesen in dieser Zeit. Und das Kurzarbeit aber vor allen Dingen die mittlere aber auch untere Einkommensklasse der Männer betroffen hat und Kurzarbeit für Männer auch in dieser Zeit häufiger war, als für Frauen. Die Kurarbeiterquote liegt in dieser Zeit für Männern deutlich höher als für Frauen. Während für Frauen andere Dinge relevanter sind. Wie ich beispielsweise schon gesagt habe, dadurch, dass sie marginal erwerbstätigt waren, haben sie möglicherweise häufiger den Job verloren und haben gar keinen Anspruch auf Kurzarbeit gehabt. Unter den Kurzarbeitern waren eben mehr Männern und das lieferte möglicherweise Freiraum dafür, die Zeit auch mit den Kindern zu verbringen. Wir hatten leider in den Daten des SOEP keine guten Informationen darüber, ob die Männer in Kurzarbeit gearbeitet haben oder nicht. Deswegen haben wir ein neues Forschungsprojektzusammen mit einer Kollegin vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Nürnberg4 angefangen. In diesen Daten haben wir auch wieder Verlaufsinformationen über einen längeren Zeitraum, diesmal von Juni bis August 2020, also nicht der Lockdown, aber die Zeit nach dem Lockdown und kurz vor dem nächsten. Da haben wir jetzt auch Informationen zur Kurzarbeit und konnten auch mal anschauen, ob die Kurzarbeit wirklich einen Einfluss auf die Arbeit im Haushalt von Paarhaushalten mit Kindern hatte. In diesen Daten zeigt es sich dann auch, dass es an der Kurzarbeit liegt, dass sie den Spielraum für Männer, in der Coronazeit mit ihren Kindern Zeit zu verbringen, erhöht hat. Und, dass die Männer diese Zeit dann auch nutzen. Also, sie verbringen dann tatsächlich auch die Zeit mit ihren Kindern.

Also für die Väter vielleicht sogar ein Anschub, sich noch mehr mit der Vaterrolle zu identifizieren? Einfach, weil sie nun nicht mehr so viel arbeiten mussten, sondern einfach auch vor Ort waren und die Kinder aufpassen mussten. Die Kitas waren ja teilweise auch zu waren, oder auch die Schulen, wir reden ja noch nicht mal nur von kleinen Kindern hier.

Genau. Kitas, Schulen aber auch natürlich die Großeltern sind ja auch zum Teil als Betreuende weggefallen, weil man ja keinen Kontakt unbedingt zu ihnen haben wollte und sie gegebenenfalls nicht anstecken wollte. Es war ja eine ganze Batterie, die da weggefallen ist. Da kann man natürlich argumentieren, dass sie [die Väter] ja mussten, denn es gab ja keine andere Möglichkeit. Aber man muss sehen, dass wir Studien aus vorhergehenden Jahren haben, wo untersucht worden ist, was ist, wenn Männer arbeitslos werden, denn dann haben sie ja auch mehr Zeit. Kümmern sie sich dann mehr um ihre Kinder? Nein, das ist gar nicht unbedingt der Fall. Es müssen schon bestimmte Konstellationen sein, dass Männer dann auch diese frei gewordene Zeit nutzen, um sich mit ihren Kindern auseinander zu setzen. Es gibt auch soziologische Theorien, die sagen, wenn Männern arbeitslos werden, wenn sie in Kurzarbeit sind, kratzt es an ihren Selbstwertgefühlen, an ihrer männlichen Identität. Dann machen sie erst recht nichts, überspitzt gesagt. Aber das findet sich hier nicht. Es findet sich, dass diese möglicherweise Geschlechterrollenvorstellungen mit Sicherheit noch prägend sind, aber das hindert Männer nicht daran, die Zeit mit ihren Kindern zu verbringen, wenn sie die Möglichkeit haben. Kurzarbeit ist ja eine bezahlte Freistellung und die Zeit wird scheinbar dann auch genutzt, um sie mit den Kindern zu verbringen. Diese Betreuungslast ist ja enorm angestiegen in dieser Zeit, und dass versucht wird, zwischen den Paaren, sich gegenseitig zu unterstützen.

Aber man muss da natürlich trotzdem sagen, wenn man sich diese Daten anguckt: Man hat immer die Informationen von den Vätern und die Informationen von den Müttern. Da treffen zwei Welten aufeinander. Wenn man die Mütter befragt, bekommt man ganz sicher die Information, dass die ganze Last auf ihren Füßen gelandet ist. Während, wenn man die Väter befragt, diese sagen, dass sie sich absolut ausgeweitet haben während Corona. Da ist einfach die Sichtweise eine andere und da kommt man leider mit diesen Befragungsdaten auch nicht weiter. Man bekommt die Sichtweise von Vätern und die Sichtweise von Müttern und die passen dann oft nicht ganz zusammen. Denn, was man im Haushalt leistet und ob der eigene Anteil größer ist, oder der des Partners, da hat man sehr subjektive Vorstellungen von.

Also relativiert das die Aussage, dass die Last hauptsächlich auf den Schultern der Frauen liegt?

Nein. Das ist ja weiterhin so. Die Last liegt hauptsächlich auf den Schultern der Frauen. Das war schon vorher so. Das heißt, an der Ungleichheit hat sich kaum was verändert. Es haben sich nur bestimmte Konstellationen ergeben, in denen sich Männer durchaus auch mehr um ihre Kinde gekümmert haben und andere Konstellationen, wo sie sich weniger gekümmert haben, sodass im Schnitt diese Corona-Krise weder zu einer Retraditionalisierung geführt hat, noch hat sie dazu geführt, dass sich die Männer in der großen Masse viel mehr um die Kinder kümmern, als das relativ zu den Frauen vor der Corona-Krise der Fall war. Das heißt, an dem Verhältnis der Mütter-Väter-Beteiligung hat sich im Schnitt sich so viel verändert. Aber natürlich kann man überlegen, dass man sagt, es gibt bestimmte neue Gruppen von Vätern, nämlich die schlecht oder mittelqualifizierten, die durch Kurzarbeit jetzt mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen. Vielleicht gibt es da ja langfristige Effekte für Gruppen, die normalerweise gar nicht so als die Speerspitze aktiver Vaterschaft bekannt sind.

Genau darauf wollte ich hinaus; was uns das jetzt zeigen könnte für eine Entwicklung. Vielleicht einfach ein positiver Wink, dass da eine Entwicklung vor sich geht und, dass selbst die Pandemie da vielleicht sogar ihren Beitrag zugegeben hat, dass die Väter sich mehr einbringen. Ob sich das abzeichnet für zukünftige Entwicklungen?

Im Moment kann man, glaube ich, noch sehr wenig darüber sagen. Was ich glaube, bei dieser Retraditionalisierungsdebatte: Ich finde diese Hypothese total wichtig, Jutta Allmendinger5 hat diese damals eingebracht – und ich finde auch absolut gut, dass sie das getan hat. Sie stellt hervor, dass Entwicklungen wie die Elternzeit und der Ausbau der Kinderbetreuung, die noch nicht ganz so alt sind, und der Wandel der Gesellschaft in Deutschland zu mehr Gleichheit und mehr partnerschaftlicher Arbeitsteilung [geführt hat]. Das sind ja junge Entwicklungen. Das ist eine ganz zarte Pflanze, würde ich jetzt mal sagen. Da besteht die Gefahr, dass diese Pflanze durch bestimmte Umstände erdrückt wird. Also, dass die Hypothese mal diskutiert und in den Raum gestellt wird, ist wirklich sehr wichtig. Wir sehen jetzt erstmal in dieser ersten Phase nicht, dass da viel kaputtgemacht wurde, was vielleicht vorher aufgebaut worden ist. Sondern, wir sehen auch, da gibt es vielleicht auch neue Potentiale, dadurch, dass durch Kurzarbeit zum Beispiel Väter mehr Zeit mit ihren Kindern verbracht haben. Aber es ist jetzt zu früh zu sagen, dass es vielleicht auch langfristige positive Entwicklungen hat. Wir können nicht sagen, ob das jetzt auch zukunftsrelevant ist, dass Väter, die jetzt vielleicht in Kurzarbeit waren, mehr Zeit mit ihren Kindern verbracht haben. Was wir schon sagen können, ist sehr klar, dass dieser ganze Digitalisierungsschub, der mit Corona einhergegangen ist, also das Homeoffice, wo wir ja heute auch alle sitzen, das ist natürlich eine Erwerbsform, die für die Vereinbarkeit von Kind und Beruf viel einfacher ist und auch den Berufseinstieg vereinfacht und alles, was damit zusammenhängt.  Ich denke, dass Corona hier durchaus einen langfristigen positiven Einfluss auf die Vereinbarkeit von Beruf und Kind haben wird. Ein anderer Aspekt wird auch noch langfristig von Bedeutung sein. So wie es auch schon die globale Finanzkrise eigentlich Paaren sehr gut gezeigt hat, dass das Modell nicht geht, wenn der eine arbeitet und der andere zu Hause ist. Das ist schon eine sehr labile Konstellation. Es kann immer sein, dass der eine oder andere seinen Job verliert und, dass es das Interesse beider ist, dass man sich gegenseitig unterstützt, was Kinderbetreuung und die berufliche Karriere betrifft. Ich denke, dass hat Corona eigentlich nochmal gezeigt.

 

Die thematisierten Forschungen von Prof. Dr. Michaela Kreyenfeld:

Kreyenfeld, M; Zinn, S (2021): Coronavirus and care: How the coronavirus crisis affected father’s involvment in Germany. Demographic Research, Vol. 44, S. 99.124. DOI: 10.4054/DemRes.2021.44.4

 

Weitere Informationen:

1 Informationen zur Person (Hertie-School-Homepage):  https://www.hertie-school.org/en/who-we-are/profile/person/kreyenfeld/ [29.04.2021]

Informationen zur Person (DGD-Homepage): https://dgd-online.de/die-dgd/vorstand/ [29.04.2021]

² Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), Berlin und Humboldt Universität zu Berlin:  https://www.diw.de/de/diw_01.c.617912.de/personen/zinn__sabine.html [24.06.2021]

3 https://www.diw.de/de/diw_01.c.678568.de/
forschungsdatenzentrum_soep.html
[29.04.2021]

4 https://iab.de/ [29.04.2021]

5 https://newsroom.iza.org/de/archive/news/geschlechterrollen-in-corona-zeiten-kommt-es-zur-retraditionalisierung/ [29.04.2021]

6 https://www.iab-forum.de/glossar/hopp-befragung/ [29.04.2021]

 

Intro & Outro: Anna-Victoria Holtz
Interviewende: Sina Jankowiak